4 x 1 Stunde im Advent
Till ist vorsichtig geworden mit Aktionen, die ihn an die Grenzen führen. „7 Wochen ohne Schoki“ in der Passions- und Fastenzeit hat er nicht jedes Mal durchgehalten, wenn er es sich vorgenommen hatte. Die Adventszeit ist deutlich kürzer. Till mag die Adventszeit, die äußeren Zeichen wie auch die Momente vorweihnachtlicher Besinnung. Er überlegt, ob er diese Zeit persönlich irgendwie besonders prägen kann. Aber er will nichts beginnen, was er dann nicht zu Ende bringt. Obwohl auch das kein Beinbruch wäre, findet er.
In diesem Jahr verschenkt Till Zeit. An jedem der vier Adventssonntage nimmt er sich eine ganze Stunde lang Zeit für einen anderen Menschen. Er ist dabei allein. Es geht ihm darum, seine Gedanken auf einen anderen Menschen und die eigene Beziehung zu diesem Menschen zu richten. Vier Menschen hat er sich ausgesucht. Seinen besten Freund, seine Patentante, mit der er sich gut versteht, einen früheren Lehrer, mit dem er nicht so gut ausgekommen ist und der jetzt im Ruhestand lebt, und seine ältere Schwester, die es mit ihrer Familie nach Norwegen verschlagen hat und zu der der Kontakt ganz gegen seinen Willen stark nachgelassen hat.
Till macht es sich mit Tee und bei Kerzenlicht gemütlich für so eine Adventssonntagsstunde. Mal betrachtet er Fotos viel genauer als je zuvor; er achtet auf Details und lässt sie auf sich wirken. Mal schreibt er eine Liste mit Gründen, warum ihm die andere Person besonders wichtig ist. Mal schließt er die Augen und erinnert sich an ein gemeinsames Erlebnis mit dem anderen Menschen. Mal überlegt er, ob es noch etwas zu klären, auszuräumen gibt mit der anderen Person. Und jedes Mal schreibt einen handschriftlichen Gruß – mal als Karte, mal als langen Brief. Und er betet. Ja, am Ende lässt er in ein Gebet einfließen, was ihn in dieser Stunde bewegt hat und was er in Dank und Fürbitte vor Gott bringen mag.
Ein Beitrag von Kirchenrat Pfr. Michael Schätzel