Als ich ein Kind war – also vor ca. 40 Jahren – gab es in meinem Elternhaus genau einen Kassettenrecorder (https://de.wikipedia.org/wiki/Kassettenrekorder). Den hatte sich mein Bruder von seinem Konfirmationsgeld gekauft. Aber in der Adventszeit war er verpflichtet, das Gerät für vier Wochen meiner Mutter zur Verfügung zu stellen. Die wiederum besaß genau eine Cassette (BASF Chrome C60… das müsst Ihr selber googeln). Darauf sangen die Wiener Sängerknaben Weihnachtslieder (A-Seite) und James Last spielte flotte Adventssongs (B-Seite). Die Cassette lief bei uns in der Adventszeit 24/7 ununterbrochen… Dazu schmückte meine Mutter das Haus mit Tannengrün, backte Plätzchen und stellte Adventsgestecke her. Dabei kam auch reichlich Deko-Kunstschnee aus der Sprühdose zum Einsatz. Das alles war irgendwie Kitsch und inhaltlich nicht notwendigerweise mit der Geburt des Heilands verbunden, und meine Mutter war ununterbrochen im Stress. Aber es hat meine Vorstellung von Advent nahhaltig geprägt.
Gerade in diesem Jahr geht wegen „Corona“ so vieles nicht. Aber vieles andere eben doch! Ich kann Tannengrün verteilen (Schnee aus der Dose kommt nicht in die Tüte), Kerzen anzünden, Plätzchen essen und habe vor, mit der Nachbarschaft vom Balkon Weihnachtslieder zu singen. Ich will mir den Advent von der Ausnahmesituation nicht verderben lassen. Advent ist Wartezeit… darauf, dass das gemeinsame Leben wieder in normalere Bahnen fließt, aber vor allem darauf, dass es auch – und gerade! – 2020 wieder heißt: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ Vieles kann mir als Erinnerungshilfe dienen, sogar der Kitsch. Es muss ja nicht James Last sein …
Ein Beitrag von Achim Behrens, Professor an der Lutherischen Theologischen Hochschule in Oberursel